10 Fragen zum Unternehmertum mit Jonathan Niessen
Als Agentur beschäftigen wir uns regelmäßig mit dem Thema Unternehmertum, meistens indem wir Gespräche und Diskussionen kuratieren und live auf die Bühne bringen. Nicht nur in unserem Team, sondern auch in der Community, zum Beispiel in Florians Podcasts „Expedition Arbeit“ und „Geiler Laden“, die sich unter Anderem damit beschäftigen.
Wenn man in Freiburg über das Thema Unternehmertum nachdenkt, kommt man am Grünhof nicht vorbei. Der (gar nicht mehr so) kleine Kosmos strotzt nur so vor unternehmerischer Energie, dass man glatt selbst ein Start-up gründen möchte. Wir haben beim Grünhof-Geschäftsführer Jonathan Niessen nachgefragt – viel Spaß beim Lesen!
Jonathan, in ein paar Sätzen, was macht der Grünhof?
Wir unterstützen innovative Macher:innen dabei ihre Projekte erfolgreich umzusetzen – räumlich, menschlich und mit Wissen. Wir betreiben in Freiburg vier Coworking Standorte mit ca. 3500 m2 Fläche und bieten dort einen inspirierenden und gleichzeitig funktionalen Arbeitsort für über 350 Coworking-Mitglieder. Auch externe Organisationen können unsere Meeting- und Eventräume mieten. Wir fördern Startups, vor allem in den Bereichen Green Tech und soziale Innovation in unseren Acceleratoren, aber auch Mittelständler bei ihren Innovationen durch unsere individuelle Beratung. Jüngere Menschen in Freiburg kennen uns meist über unser Cafe POW- unser Lieblingsort zum Verweilen im Sommer.
Mit welcher Idee habt ihr gestartet?
Wir sind am Standort in der Belfortstraße 52, im alten Schnitzel-Restaurant Grünhof mit dem ersten Coworking Space und dem Cafe POW gestartet. Wenige Monate nach Gründung haben wir unsere ersten Förderformate für Startups entwickelt und umgesetzt. 2018 haben wir dann einen großen Sprung gemacht. Wir konnten unseren zweiten Standort dem Kreativpark Lokhalle, in Zusammenarbeit mit der lokalen Wirtschaftsförderung eröffnen und unseren ersten großen Accelerator starten.
Was hat Dich immer motiviert, was war Dein Motto?
Einfach Dinge machen und ausprobieren, auch wenn man die Mittel dafür noch nicht hat. Und wichtig, immer zusammen, als Team.
Wo siehst Du den Grünhof in 5-10 Jahren?
In 5-10 Jahren betreiben wir einen Company Builder, sprich wir gründen selbst neue Firmen in komplett neuen Geschäftsfeldern und machen diese groß. Manchmal auch in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen. Und wir entwickeln und vertreiben ein physisches Produkt – davon träumen wir schon sehr lange. Wir wollen weiter Unternehmer:innen bleiben und nicht zu Manager:innen oder Berater:innen werden. Natürlich werden wir auch besser im Management und der Beratung, aber Dinge von Anfang an neu zu kreieren wollen wir nicht verlernen.
Eine Business-Idee bis zum Ende durchziehen oder sich rechtzeitig zurückziehen?
Schwierige Frage: Wir predigen dazu immer das Startup-Prinzip: „fail fast“: also möglichst schnell zu scheitern, um schnell zu lernen, um es dann besser zu machen zu können. Aber ohne es richtig versucht zu haben kann man es auch nicht wirklich scheitern nennen, also nicht zu früh zurückziehen. Denn wenn es so einfach wäre, hätte es schon jemand anderes erfolgreich umgesetzt. Deshalb früh ehrliches Feedback einholen, um nicht jahrelang an einem Business zu basteln, das nie fliegen wird.
Was hat sich in Deinem Leben geändert, nachdem Du Unternehmer geworden bist?
Ich bin im Grünhof vom unbezahlten Praktikanten zum Gesellschafter geworden. Gegründet haben den Grünhof Martina, Hagen, Jella und Luise. Ich war der erste Mitarbeiter nach den Gründer:innen.
Ich würde behaupten ich war auch als Mitarbeiter schon Unternehmer. Irgendwann habe ich aber gesagt, dass ich das ohne unternehmerische Beteiligung nicht mehr weitermachen kann, auch weil das Gehalt in den ersten Jahren sehr schlecht war. Das haben die Gesellschafter:innen Martina und Hagen eingesehen und ich konnte mich beteiligen. Einen richtigen Unterschied habe ich als Vorstand des Grünhof e.V. bemerkt, wenn Du einen Arbeitsvertrag unterschreibst und weißt, dass du dafür sorgen musst, dass das Gehalt dann auch auf jeden Fall bei der Person ankommen muss.
Unterstützt der Grünhof soziale Projekte?
Hier muss ich etwas ausholen. Wir sind als Organisation eine hybride Organisation, sprich eine GmbH und ein gemeinnütziger Verein, manche würden es auch Social Business nennen. Der Verein muss gemeinnützige Arbeit leisten und hier fördern wir auch soziale Projekte. Am liebsten fördern wir Projekte dabei (räumlich, inhaltlich und menschlich) nicht nur sozial innovativ, sondern auch unternehmerisch zu sein, heißt sich irgendwann selbst finanzieren können. Das bedeutet nicht, dass sie nicht auf Spenden angewiesen sein müssen, denn Spenden kann man auch als Umsatz sehen: Für eine gute gemeinnützige Arbeit sind Menschen bereit Geld zu spenden, so wie sie auch für einen guten Kaffee bereit sind Geld auszugeben.
Welche drei Dinge schätzt Du am meisten am Grünhof?
1. Meine Kolleg:innen
2. Unsere Kund:innen – das sind einfach wirklich super Menschen
3. Die Vielfalt an Dingen, die wir machen
Welche Art von Marketing hat euch beim Fortkommen geholfen?
Veranstaltungen in unseren Räumen sind sicherlich eines unserer wichtigsten Marketinginstrumente. Wenn Menschen zu uns in die Räume kommen, unabhängig davon ob es eine Veranstaltung von uns ist oder nicht, bekommen sie ein Gespür für uns und unsere Arbeit.
Und was war die größte Schwierigkeit auf eurem Weg?
Aus meiner Sicht war ein schwieriger Schritt, die Entwicklung von einer personenzentrierte Organisation in der alles ad hoc gemacht wird und jeder über alles Bescheid weiß, mit den Gründer:innen im Mittelpunkt, zu einer Organisation mit klaren Verantwortlichkeiten, Prozessen, angemessenen Gehältern und einem Workload der auch bei einer Familiengründung noch machbar ist. Da sind wir immer noch dabei, aber auch schon sehr weit gekommen.
Vielen Dank, Jonathan, für Deine Zeit und das Beantworten der Fragen.